Das habe ich mir vor den Sommerferien 2016 gesagt. Natürlich konnte ich nähen. Schließlich haben wir schon in der Hauptschule einen Patchworkpolster mit der Nähmaschine genäht. In der späteren Schule dann nochmals und ich hab natürlich meiner Mama immer wieder mal zugesehen (und die hat uns Kindern sogar Dirndel genäht) bzw. wollte ich immer selbst auch an die Maschine. An was ich mich noch gut erinnern kann war, dass meine Mama immer sagte, dass ich immer mit dem Programm 00 nähen soll und ja nichts umstellen darf, ohne dass ich sie frage, weil die Maschine so heikel ist und so teuer war.
Hat man keine Ahnung (oder glaubt nur, dass man Ahnung hat, obwohl man das gar nicht hat) und will trotzdem ohne wirkliche Vorkenntnisse zu nähen beginnen ist das immer eine recht lustige Angelegenheit finde ich. Ich wollte mir z. B. immer einen Petticoat nähen weil ich mir dachte, dass das ja nicht so schwer sein kann und dann sicher auch nicht so teuer ist wie die, die man zu kaufen bekommt. Als dann eine Kollegin versucht hat mir die Vorgehensweise zu erklären bin ich schon alleine nach den ersten paar Sätzen ausgestiegen und hab die Idee wieder an den Nagel gehängt. Tüll ok, das kannte ich aber was zum Geier ist ein Volant und wie mache ich einen Saum oder gar einen Rollsaum oder was ist ein Schrägband? Ihr seht, ich kann nähen. Haha.
Letztes Jahr habe ich dann für mein erstes Nähprojekt das Internet durchforstet und wollte etwas super einfaches machen. Aus meiner Erinnerung heraus kannte ich noch diese schrecklichen Schnittmusterbögen von Burda wo man die eine von der anderen Linie nicht mehr unterscheiden kann. Heutzutage gibt es diese Hefte noch immer. Zusätzlich gibt es aber auch Schnittersteller, die eBooks anbieten. Man nennt sie wohl ebooks weil es nicht nur ein Schnittmuster ist, sondern immer auch gleich eine fast deppensichere Anleitung beinhalten.
26 Jahre nach der Anschaffung dieser Maschine durch meine Mama hab ich sie jetzt seit mehr als einem Jahr in ständiger Verwendung. Gut, sie hat sie mir schon vor Jahren geschenkt, aber ich hatte doch etwas Respekt vor dem Beginn.
Foren dürften im 21. Jahrhundert irgendwie zu einem Relikt aus vergangenen Tagen geworden zu sein. Was macht man also, wenn man Hilfe benötigt? Heutzutage findet man diese dann hoffentlich in diversen Nähgruppen auf Facebook.
Durch Suchbegriffe wie „Schnittmuster kostenlos“ oder „Schnittmuster gratis“ findet man mit jeder gewünschten Suchmaschine gleich mal vorweg ein paar gratis Schnittmuster um sich an das erste Projekt zu trauen. Viele beginnen mit Utensilos oder Leseknochen. Vor dem Nähen wusste ich nicht mal was ein Leseknochen ist, aber wie alle anderen auch bin ich von dem Teil begeistert. Wenn da nicht die händische Schließung der Naht wäre.
Nachdem ich aber sicher war, dass ich sowas looooocker zusammen bringen werde weil ich ja schon viel mit Baumwolle(1) genäht habe, wollte ich gleich mal einen Level höher einsteigen und mit Jersey nähen. Ich kann ja schließlich nähen. Was ist eigentlich dieses Jersey von dem sie alle reden? *google google google* „Ach sooooooo. Meine ganzen Shirts sind aus Jersey. Haha ok. Na dann probieren wir es mal.“
Doch so einfach war es natürlich nicht. Der Jersey dehnt sich wie Hölle (is ja logisch). Mit der Schere schneide ich lauter Zacken so bald ich sie absetze. Der Stoff dreht sich am Rand fürchterlich ein und mit der Kreide kann ich weder umgehen, noch sehe ich sie auf dem Stoff. Schon gar nicht auf weißem mit weißer Kreide. Zu guter Letzt frisst diese dumme Maschine dann auch noch ständig den Stoff oder der Overlockfuß bleibt im Stoff hängen.
Ich kann euch gar nicht sagen wie genervt ich von dem ganzen war. Fast wäre es dazu gekommen, dass ich gleich wieder aufgehört oder auch nur Utensilos genäht hätte. Aber was würde ich mit Utensilos anfangen? Und was würde das an meiner Misere ändern, dass der dehnbare Stoff nicht so will wie ich? Gar nichts, also weiter machen bis es funktioniert.
Ich besuchte dann 2x einen Nähkurs wo mir ein bisschen die Basics beigebracht wurden. Als Schneiderin befestigt man das Schnittmuster am Stoff. Die Kanten werden auf den Stoff übertragen und danach geht man mit dem Maßband rundherum und zeichnet die Nahtzugabe genau ein.
Oh Gott. Alleine bis das Schnittmuster dann mal fertig zugeschnitten war hat schon mal eine Ewigkeit gedauert. Fürchterlich. Als erstes Schnittmuster habe ich mir übrigens das Lady Topas Shirt von Mialuna vorgenommen. Ich bin aber an der Anleitung kläglich gescheitert weil ich sie einfach nicht begreifen wollte. Das war dann mitunter die Entscheidungsgrundlage für den Nähkurs. Man muss aber anmerken, dass das wohl eher nicht an der Anleitung lag sondern daran, dass ich so gar keinen Plan hatte was was ist und wie ich jetzt was mache. Aber ich kann ja nähen.
Was mir in dem Kurs wirklich etwas gebracht hat und was eigentlich bei näherer Betrachtung auch ganz allein mein Hausverstand hätte wissen müssen waren die Sticharten. Vielleicht schaffe ich es noch, euch einen eigenen Beitrag dazu zu verfassen.
Am Ende des Nähkurses habe ich es dann sogar tatsächlich geschafft, dass ich mein erstes Jerseyoberteil genäht habe. Hab ich es angezogen? Ein Mal. Ein einziges Mal um ein Selfie vor dem Spiegel zu machen. (Bitte entschuldigt also das schlechte Bild) Ich weiß auch gar nicht mehr, wieso ich das Teil überhaupt nähen wollte. Mir war eigentlich klar, dass mir solche Oberteile gar nicht stehen. Dieser Jersey war einfach viel viel viel zu steif für mein Vorhaben. Vielleicht muss ich es einfach mal mit einem Viskosejersey probieren, aber ich glaub wohl eher nicht.
Zu nähen wollte ich mitunter deswegen beginnen, weil ich jedes Jahr im Sommer das gleiche Problem habe. Es ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit, dass man schöne Leinenkleidung findet, die man sich auch leisten kann bzw. ohne in 500 unterschiedlichen Geschäften zu schauen. Außerdem ist mein Brust-Taille-Gefälle wohl nicht in der Norm weshalb mir dann Kleider vielleicht oben rum passen, aber dann von unter der Brust bis zum Saum aussehen, als hätte ich einen Sack an. Da verzichte ich lieber auf Kleider. Blusen finde ich sowieso keine wo die Knöpfe nicht gesprengt werden und die dann noch vielleicht etwas taillierter sind. Aber mit selbst nähen ist das sicher viel besser und viel leichter. Dachte ich jedenfalls.
Ein zweiter Punkt, wieso ich nähen wollte, war der, dass ich gerne häkel … aber mit Wolle jonglieren ist im Sommer fast ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest wenn es jenseits der 25 Grade hat. Die Wolle flutscht nicht, das gehäkelte Werk ist gleich von Anfang an komplett verschwitzt und eigentlich freut es einem auch gar nicht, wenn man an einer Monsterdecke sitzt und dann bei 38 Grad Schattentemperatur unter dieser begraben wird so bald man weiter arbeiten will. Dass man dann aber so viel bügeln muss beim Nähen, hätte ich mir allerdings nicht gedacht.
Was ich mir also gleich zu Beginn gemerkt habe:
3 Kommentare
Was ist ein Leseknochen und dann das andere wofür du dich entschieden hast?
^_^ Ein Leseknochen ist eine Rückenstütze ähnlich wie eine Nackenrolle, nur etwas bequemer weil schon eine Einkerbung ist für den Nacken. Und ein Utensilo ist ein Stoffkörbchen wo man diverse Dinge reingeben kann. 😀
Aaaaah! Danke 🙂 Ich hatte vieles vor Augen…aber das irgendwie nicht 🙂